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Das Leben ist ein Weg, mit jedem Tag schreiten wir einen weiteren Teil unseres Weges, geben wir unserem Leben einen Sinn, einen Zweck und uns eine Aufgabe, mit der wir uns auf jeden neuen Tag freuen können.

Aber wer gibt dem Weg die Richtung – mit welcher Schrittgröße schreiten wir voran? Schreiten wir überhaupt oder stehen wir auf der Stelle. Bekannt ist das Gefühl, dass das eigene Leben fremd geleitet ist und wir hetzen lediglich immer irgendetwas oder -jemandem hinterher. Die Wochen, die Monate, die Jahre verrinnen und so frustrierter man wird, desto weniger Freude und Genugtuung enthält das eigene Leben. Die Regale in den Bücherläden sind voll und die Empfehlungen beim großen Internet-Buchhändler sind unüberschaubar von Ratgebern für mehr Lebenszufriedenheit und Sagen-Sie-Nein-Büchern. Das Fernsehen lockt mit Serien und das Internet mit den sozialen Medien. Als Resultat ergibt sich ein stundenlanges Sitzen und Nichtstun und der Kopf bekommt nicht mal die tägliche Monotonie eines konstanten Laufschrittes auf der abendlichen Runde zur Verarbeitung der erlebten Dinge am Tag. Ins Bett wird dann spät mit dem Gefühl gegangen nichts getan oder geschafft zu haben – gerade wenn die eigene Arbeitsstelle auch nicht mehr fordernd und befriedigend ist.

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Soweit muss es nicht immer kommen und ein paar Mal im Jahr lohnt es sich auf einem ruhigen Spaziergang sich selbst die Frage zu stellen, wohin der eigene Weg mit dem Leben aktuell geht und vielleicht gehen sollte. Ist es noch der eigene und ist man mit den Antworten zufrieden? Schnell kommen hier die in schier unendlicher Anzahl täglich auftretenden, fremdbestimmten Verpflichtungen. Es ist aber klar zu trennen, dass tägliche Verpflichtungen wie die Arbeit, das Kind zum Kindergarten bringen oder die Überweisung tätigen zu müssen nicht zwangsweise ein Entgleiten des eigenen Lebensweges bedeuten. Das Maß ist wichtig und dass ein paar wenige eigene und selbst gesetzte Ziele im Blick bleiben, erreichbar sind und auch erreicht werden. Die Gratwanderung zum Scheitern liegt nah und ein Krafteinsatz ist erforderlich.

An dieser Stelle kommt der Charakter der Person zum Tragen und es unterschiedet sich ein Kämpfer von einem Ängstlichen. Der eine ist bereit ein hohes Maß an Leistung und Kraft zu investieren und diesen Weg zu gehen, ein anderer gibt auf oder möchte bestimmte Dinge nicht erreichen. In jedem Fall kann das Ziel erreicht werden oder nicht, ein Erfolg oder ein Misserfolg stellt sich ein. Der Lehrstuhlinhaber für Philosophie, zudem zweifacher Ruder-Europameister und Olympiasieger Hans Lenk schreibt zu dieser unterschiedlichen Herangehensweise und Umgang mit dem Resultat in seinem Buch „Eigenleistung“: „Hoch Leistungsmotivierte schieben ihren Erfolg vorrangig ihrer hohen Fähigkeiten und besonderen Anstrengung zu, also inneren Faktoren. Eher Ängstliche schreiben ihren Erfolg häufig äußeren Umständen wie dem Glück, dem Zufall oder der Leichtigkeit der Aufgabe zu. Eigene Misserfolge führen sie vorrangig auf persönliches Versagen oder den Mangel an Fähigkeiten zurück.“[1]

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Ein Kämpfer ist also hoch leistungsmotiviert und von sich selbst und seinen Fähigkeiten überzeugt, der ängstliche vertraut diesen nicht mal bei einem Erfolg. Woher kommt dieser Unterschied? Es geht um Vertrauen, vertraue ich meinem eigenen Körper, meinen Fähigkeiten und meinem Willen kann ich hier heraus Kraft schöpfen. Sind diese nicht gut ausgeprägt, ist das eigene Handeln eher ängstlich und das Vertrauen fehlt. Auf Handlungen bezogen definiert sich der Begriff „Vertrauen“ als die Überzeugung zu besitzen, die Möglichkeit und Fähigkeit für eine Handlung inne zu haben. Wie oben bereits genannt, besteht das Leben aus einem Weg, der wiederum aus unendlich vielen Handlungen besteht. Diese und die Resultate dieser speichern wir bereits ab aller frühester Kindheit bewusst und unterbewusst ab. Dieser Erfahrungsspeicher gibt uns nun zu einem gewissen Teil den Weg unseres Lebens vor. Wurden viele Erfolge gespeichert, entsteht Vertrauen in den eigenen Körper, die Fähigkeiten und den Willen; Bei gehäuften Misserfolgen entsteht das Misstrauen und das eigene Handeln ist nicht leistungsmotiviert geprägt, sondern ängstlich.

Motivation besitzen oder nicht, ist keine fest angeborene Eigenschaft eines Menschen, sondern ein Ansporn, ein Neugierig sein, ein Wollen auf eine bestimmte Handlung hin gerichtet. Resultierend muss die ausführbare Handlung eine Motivation im Menschen auslösen und selbiger muss Interesse dafür zeigen, sprich motivierbar sein. Bringt man nun in einer These die Begriffe „Erfolg“, „Motivation“ und „Herausforderung“ gedanklich in Zusammenhang, so kann es eine Motivation sein, einen bestimmten Erfolg mit einem bestimmten Mindestmaß an Herausforderung zu erlangen. Folglich wäre ein erlangter Erfolg ohne vorausgegangen entsprechender Herausforderung keine tatsächliche Motivation. Diese These unterstützend schreibt Hans Lenk weiter: „Der Mensch scheint sich sozusagen selbst auf die Probe stellen zu müssen. Er sucht nach Herausforderungen, will sich selbst fordern – manchmal anscheinend überfordern. Dazu muss er sich von sich selbst ein wenig distanzieren, entfernen, „entfremden“ . Er muss gleichsam aktiv außer sich geraten, um zu sich selbst zu kommen. Beides kann, wie wir sehen werden, nur eigen handelnd (persönlichkeits-)wirksam werden.“[1] Eigenhandelnd heisst in diesem Zusammenhang, dass die Handlung von der Motivation des handelnden Menschen selbst ausgehen muss, „denn Höchstleistungen sind nur mit vollem Einsatz der Persönlichkeit und aller ihrer Kräfte, Willensenergie und Sinne zu erbringen. Auf Dauer kann kein Trainer den Sportler zu einer nicht von ihm Selbst gewollten hohen Leistung zwingen.“[1]

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Für den eigenen Lebensweg bedeutet dieses nun, dass Motivation nur entstehen kann, wenn Erfolge eben aus selbst gewollten Herausforderungen entstehen. Die Erfolge sind Bestätigungen und diese wiederum erhöhen das Vertrauen in unseren Körper, unsere Fähigkeiten und unseren Willen. Mit diesem gestärkten Selbstbewusstsein – also dem Vertrauen in das eigene Selbst – können nun die Herausforderungen steigen und eingebrachte Leistung und Kraft erhöhen sich. Die Motivation hierzu ist ebenfalls gestiegen. Diese tiefe eigenständige Persönlichkeitsentwicklung kann sich in Leistungsbereichen auf dem generellen Lebensweg vollziehen oder der Sport kann als Beispiel für ein motiviertes Eigenhandeln sehr gut funktionieren. Denn „Sporthandlungen sind im weiteren Sinn Ergebnis einer aktiven Selbstdisziplinierung, eines gezielten Lernvorgangs, einer systematischen erarbeiteten Erweiterung der Bewegungsmöglichkeit. … Sport ist heute das aktive, bewusst eingegangene Abenteuer mit dem Selbst.“[1]

Motiviertes Eigenhandeln im Sport heißt, ein vom Athleten ausgehende Motivation über eine Herausforderung einen Erfolg erlangen zu wollen. Er ist bereit, die für die notwendige Handlung aufzubringende Leistung und Kraft einzusetzen. Konkret bedeutet das, dass ein Wille „von außen“, wie „Du könntest mal wieder…“ oder „Du musst diesen Wettkampf laufen,…“ einen Sportler wenig dazu antreiben, die für einen motivierenden Erfolg aufzubringende Leistung und Kraft zu mobilisieren. Die Herausforderung wiederum nun für Außenstehende – damit sind Trainer, Eltern, Lebenspartner, Laufpartner, Blog-Autoren, Tipp-Geber, Ärzte oder entsprechend jemand zu einer Leistung auffordernde Personen gemeint – besteht darin, eben nicht über eine Vorgabe, einen Zwang, einen Ratschlag oder belehrende Worte die Person zu einer Handlung zu bewegen, sondern dessen Motivation anzusprechen. Die Person muss es selber wollen, eine eigene Motivation für diese Handlung entwickeln, den Weg zu einem Erfolg sehen können. Reicht das eigene Vertrauen in den eignen Körper, in die Fähigkeiten und in den Willen aus, wird die Herausforderung angenommen. Im Idealfall stellt sich der Erfolg ein und die nächste, angenommene Herausforderung wird eine größere. Mit jedem erlangten weiteren Erfolg wird zudem ein einzelner Misserfolg verkraftbarer.

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Das Feld der Wettkämpfe im Sport ist ein idealer Weg, um gut skalierbar Herausforderungen angehen zu können und Erfolge zu erleben. Hier sei aber darauf hingewiesen, dass Worte wie „aus dem Training heraus“, „Schau halt mal“ oder „Lauf nicht voll“, der Handlung ebenfalls komplett ihre echte und eigenständig erfüllbare Herausforderung nehmen. Es ist damit dann weder ein Erfolg noch ein Misserfolg erzielbar und auch eine Stärkung des Selbstbewusstseins des Athleten nicht zu erwarten. Ein Wettkampf ist ein Wettkampf und sollte auch als solchen gesehen werden und durch Motivation entsprechend vorbereitet werden.

 

Als Fazit ist nun festzustellen, dass bei einer Herausforderung ein Fordern stattfinden muss, damit eine echte Eigenleistung festgestellt wird. Diese wiederum unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und damit bleibt der Lebensweg ein selbstbestimmter Weg. Die zu setzenden Ziele werden dadurch gesetzt, angegangen und erreicht. Das Leben wird zufrieden empfunden, Glück und Befriedigung stellt sich ein.

[1] Lenk, H.: Eigenleistung: Plädoyer für eine positive Leistungskultur, Osnabrück: Verlag A. Fromm, 1983

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